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junge Welt, 4.7.2002
Weiter gegen den Strom und Bescheuerte
Eine Bilanz der antirassistischen "Aktion Analyse" von Brandenburger Antifa-Jugendgruppen
(Autor: Beat Makila)
Die Situation von Jugendlichen, die sich der Dominanz der rechten Jugendkultur in Brandenburg verweigern, ist kein Zuckerschlecken. Die Ergebnisse, die im Rahmen der "Aktion Analyse" zusammengetragen wurden, bestätigen dieses Bild. Dabei geht es nicht nur um Attacken von Neonazis. Erneut wurde deutlich, mit welch massiven Schwierigkeiten, Mißtrauen und Anfeindungen die Jugendlichen von seiten der Gemeinden und vielen Einwohnern konfrontiert sind. Am Montag fand der antirassistische Jugendwettbewerb "Aktion Analyse" im Rathaus von Frankfurt/Oder mit der Präsentation der Ergebnisse seinen Abschluß. Alle Beteiligten wurden prämiiert. Teilgenommen hatten Jugendgruppen aus elf Städten und Gemeinden Brandenburgs.
Die Jugendlichen hatten seit September 2001 vor Ort zu Rassismus und Rechtsextremismus recherchiert, Aktionsideen entwickelt, praktiziert und dokumentiert. Initiiert wurde der Wettbewerb vom "Demokratischen Jugendforum Brandenburg" (DJB). "Wir wollten drei Jahre nach unserer Aktion Noteingang und ein Jahr nach dem Sommer der Zivilcourage eine neue öffentliche Diskussion provozieren", so Susanne Lang vom DJB.
Die Aktionsideen, die die Jugendgruppen am Montag präsentierten, reichten von Projektwochen an Schulen über Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, bis zur Entwicklung eines antirassistischen Brettspiels. Ebenso vielseitig waren auch die Dokumentationsformen: Broschüren, eine Internetseite, Kurzfilme und eine Ausstellung wurden in den letzten acht Monaten angefertigt. Erkennbar war immer, wie intensiv sich die Jugendlichen mit der Situation vor Ort auseinandersetzten. Gleichzeitig wurde deutlich, für wie selbstverständlich sie ihre Arbeit - trotz aller Gefahren und Anfeindungen - halten. So legte etwa die Alternative Gruppe Eisenhüttenstadt eine umfangreiche Recherche zum "Rechtsextremismus" in ihrer Stadt vor. Mit Kurzfilmen waren Jugendgruppen aus Angermünde, Frankfurt/Oder, Hennigsdorf, Schwedt, Spremberg und Vetschau vertreten.
Dem Thema Schule und Rassismus wandte sich eine Gruppe aus dem Jugendprojekt "Mittendrin" zu. An fünf Neuruppiner Schulen führten sie Umfragen durch. Sie wollte herausfinden, wie stark rassistische Tendenzen an den Schulen sind, ob und wie Schüler, Lehrer und Direktoren Rassismus als Problem wahrnehmen, wie sie damit umgehen. Bei 80 Prozent der Befragten machten die Jugendlichen rassistische Einstellungen und Meinungen aus. Ernüchternd ihre Feststellung, daß sich Direktoren und Lehrer in der Regel diesen Problemen nicht stellen.
Auf welche Widerstände die Jugendlichen in ihrem Engagement stoßen, dafür gab der Direktor des Alexander-Puschkin-Gymnasiums in Hennigsdorf am Montag ein beredtes Beispiel. Er verhinderte die Teilnahme einiger Schüler seiner Schule, die eine "AG gegen rechts" gebildet hatten und sich mit einem Filmbeitrag am Wettbewerb beteiligten. Daß es nicht nur Schuldirektoren sind, die den Aktivitäten der Jugendlichen Steine in den Weg legen, darauf wurde in vielen Beiträgen hingewiesen. Ob Bürgermeister, Verwaltungsangestellte, die Lokalpresse - mancherorts ist das Engagement der Jugendlichen suspekt. Den Ball griff Anetta Kahane von der Amadeo-Antonio-Stiftung in ihrer Laudatio auf: "Jeder Bürgermeister, der auf euch nicht stolz ist, ist einfach bescheuert."
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